Interessengemeinschaft Modellbahn Kaarst eV

 
 
 

Hafen-Anlage / bauberichte / magirus uranuns

PS-starkes Ladegut

Text und Bilder: Heinrich

Das Original

Eigentlich sollte es mal wieder nur ein Ladegut für die Modellbahn werden. So etwas ist schnell gemacht dachte ich. Bis mir dieses Bild in die Hände fiel. Es handelt es sich um eine allradgetriebene Zugmaschine für die Schweizer Armee aus dem Jahr 1958.



Hier arbeitet ein luftgekühlter 250 Ps-Motor, der seine Pferdestärken aus nicht weniger als 12 Zylindern mit zusammen 16 Litern Hubraum holt. Daher hat der Uranus auch seine charakteristisch lange Haube und damit sein bulliges Aussehen. Lange bevor man bei Magirus-Deutz auf die Idee kam, mit den "Bullen" Werbung zu machen.

Vielen Dank an Herrn Urs Heller für die Erlaubnis, dieses Vorbildfoto zu verwenden. Viele weitere technische Informationen zum Vorbildfahrzeug und auch weitere Fotos finden sich unter:

http://www.militaerfahrzeuge.ch/unterkategorie_11_9_22.html

Hinweise: Bei diesem Fahrzeug ist das Lenkrad auf der rechten Seite. Die Dachluke ist daher, wie bei solchen Fahrzeugen üblich, auf der Beifahrerseite. Gut zu erkennen ist hier auch, dass alle Scheiben nicht gewölbt sondern eben sind.

Das Modell

Von vorneherein boten sich einige Bauteile aus dem bekannten Magirus Kranwagen KW15 von Wiking an. Noch etwas edler ginge es mit dem KW16 von Preiser, aber der wäre doch fast etwas zu schade. Eine verlängerte Doppelkabine ist nicht ohne weiteres zu bekommen, aber hatte ich da nicht mal ein Fahrzeug mit Doppelkabine? Meine Wahl fiel auf den Preiser Gerätewagen Umweltschutz (35016, F Magirus 200 D 16A). Auch ein Fahrzeug aus dem Feuerwehrbereich hätte natürlich als Spender dienen können. Die verwendete Doppelkabine stimmt übrigens nicht ganz mit dem Vorbild überein, aber den Kompromiss kann man meines Erachtens machen.

Für das markante Gitter vorne und die kurze Pritsche mit den (für den Bahnverlad ?!) abgerundete Spriegeln ist nichts Vergleichbares in der Bastelkiste. Da ist wohl doch Eigenbau angesagt. Und los geht‘s...

Die brauchbaren Teile der Spenderfahrzeuge wurden vorsichtig abmontiert. Dann kam die grausame Bastelsäge zum Einsatz. Alles sorgfältig beischleifen und die lange Kühlerhaube passt ganz gut mit der Doppelkabine zusammen.

Das Gitter entstand aus Messingdraht verschiedener Stärken. Der Hauptrahmen wurde mit einer Zange in Form gebracht. Dann wurden die übrigen Teile eingelötet. Das klappt natürlich nicht beim ersten Mal, aber mit einigen rheinischen Flüchen geht's dann doch.

Die Pritsche besteht aus einem vollen Stück Polystyrol. Dieses Stück kann man leicht durch mehrere Schichten aus Platten herstellen. Nach dem Abrunden werden noch die Spriegel aus Evergreen-Profilen (Polystyrol) gebogen und aufgeklebt. Das gilt auch für die übrigen Profile der Pritsche selbst.

Die Plane entstand aus einem Stück haushaltsüblicher Alufolie von der Rolle. Was so eine Küchenschublade doch nicht alles hergibt! Die Alufolie wird vorsichtig angedrückt, damit sie nicht reißt und danach noch mal abgestreift und rundum beschnitten. Jetzt kann sie aufgeklebt werden, was ganz gut mit Sekundenkleber gelingt. Der Faltenwurf entsteht fast von alleine.

Zur Probe werden die Bauteile immer mal wieder zusammengestellt. Übrigens, für die dritte Achse musste noch ein weiteres Spenderfahrzeug herhalten, da ich eine halbwegs vorbildgerechte Bereifung wollte. Im Bild sieht man, dass auch am Fahrzeugrahmen noch einiges zu ergänzen ist.

Um punktförmige Klebestellen zwischen Metall und Kunstoffteilen zu vermeiden ist es empfehlenswert, entweder durchgehende Drahtkonstruktionen zu wählen (Rückspiegel) oder Befestigungsdrähte anzulöten, die man dann in vorgebohrte Löscher der Kunststoffteile steckt (Gitter). So bricht nicht alles bei der geringsten Berührung wieder ab. Die Tritte entstanden aus dünnem Kupferblech. Auch hier habe ich die Klebeflächen vergrößert. Man wird das später nicht mehr sehen.

So langsam wird auch die Frontpartie komplett.

Die Dachluke auf der Kabine entstand übrigens aus einem Mülleimerdeckel. Ein entsprechender Bausatzrest hatte sich in meine Bastelkiste verirrt.

Noch einmal sollte alles angepasst, verspachtelt und beigeschliffen werden bevor es ans Lackieren der Bauteile geht. Die Plane und das Gitter werden grundiert, da der Acryllack nicht auf Metalloberflächen haftet. Bei den Kunststoffteilen kann man dagegen auf die Grundierung verzichten. Der Lackauftrag erfolgte mit Tamiya TS66 aus der Dose in mehreren dünnen Schichten.

Normalerweise kann nach dem Trocknen der Farbe der Fenstereinsatz eingesetzt werden.
In meinem Falle war dieser aber durch ein Missgeschick unbrauchbar geworden.

So was kann ja jedem mal passieren. Und da einzelne ebene Scheiben sowieso besser aussehen, habe ich aus der Not eine Tugend gemacht. Die Scheiben wurden einzeln aus dünnem klarem Polystyrol neu zugeschnitten. Das geht mit Schere und etwas Übung sogar ohne auf die Scheiben zu fassen. Mit Ausschuss muss dabei natürlich gerechnet werden.

Hier einige Tipps:

  • Schon zum einfacheren Lackieren hatte ich provisorisch einen Stab aus Polystyrol innen in die Führerkabine geklebt. Der ist auch beim Einkleben der Fenster sehr hilfreich, indem er in eine "dritte Hand" eingeklemmt wird.
  • Wo mit Polystyrolkleber geklebt werden soll, muss der Lack wieder weggekratzt werden.
  • Der Polystyrolkleber für jeweils eine Scheibe wird mit einem Zahnstocher in winzigen Tröpfchen in der Führerkabine aufgebracht, 2-3 Punkte reichen. Mit einem Wattestäbchen wird noch mal etwas Kleber weggenommen. Es darf keinesfalls Kleber in den von außen sichtbaren Teil der Scheibe fließen. Dann die Scheibe mit einer feinen Pinzette einsetzen. Die Scheibe sollte nicht mehr verschoben werden.
    Den Kaffee am besten nach dem Einsetzen aller 6 Scheiben trinken.

Endlich können die "Hauptbaugruppen" zusammengeklebt werden. Ich rate hierfür dringend von Sekundenkleber ab. Die entstehenden Dämpfe schlagen sich überall weißlich nieder. Das ruiniert besonders die Scheiben und macht den Eindruck des ganzen Modells zunichte.

Das Bild zeigt das Fahrzeug im vorläufigen Endzustand. Das vordere Gitter ist offensichtlich etwas zu kräftig geraten.

Der Verlad (schweizer Ausdruck) erfolgte im Bahnhof Karlsforst auf einen Güterwagen der SBB. Auf welchen Wagen denn auch sonst? Doch nicht nur dem anwesenden Preiser-Personal ist klar, dass die Fahrt so nicht losgehen darf.

Ohne eine Ladungssicherung geht's natürlich nicht. Die Ladung wird, wie bei anderen Projekten beschrieben, nur von den Seilen (vorgespannten Gummifäden) gehalten und ist nicht auf dem Waggon verklebt.

Ausblick: Der Güterwagen muss noch etwas Patina erhalten. Selbst in der Schweiz hat es Bremsstaub auf den Güterwagen ;-) Eine Reihe von Kleinteilen zum Magirus müssen noch gefunden und einige Farbtupfer sollten noch ergänzt werden und eine Sicherung mit straffen Zurrketten sähe wohl doch besser aus. Das kommt noch.

Übrigens: Das Vorbildfahrzeug wurde in Münster komplett restauriert und anschließend wieder in die Schweiz überführt. Für Modellbahner verbietet sich hier jegliche Nachfrage, mit welchem Verkehrsmittel dies erfolgt ist.

Wer das Vorbildfahrzeug in Augenschein nehmen möchte, kann dies nach hoffentlich gut überstandener C-Krise in diesem Museum tun...

http://www.militaermuseumwildegg.ch

… wenn ihn Bahn und Berge der Schweiz nicht zu sehr davon ablenken.